SATIRE-FOTO VON RON SOMMER
Karlsruhe verbietet Bildmanipulation
Zu dick, zu breit, zu blass sehe er aus, fanden seine Anwälte -
zumindest auf dem bearbeiteten Foto, das die "Wirtschaftswoche" von Ron
Sommer abgedruckt hatte. Der Ex-Telekom-Chef reichte Klage ein und
erwirkte jetzt beim Bundesverfassungsgericht ein Bilderverbot.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze vor der "Verbreitung eines
technisch manipulierten Bildes, das den Anschein erweckt, ein
authentisches Abbild der Person zu sein", heißt es in dem heute
veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts.
Eine für den Betrachter nicht erkennbare, "verdeckte Bildmanipulation"
werde auch dann nicht durch die Meinungsfreiheit gerechtfertigt, wenn
das Foto in einen satirischen Zusammenhang gerückt werde. "Unrichtige
Information" sei kein schützenswertes Gut, betonten die Karlsruher
Richter. Sie gaben einer Verfassungsbeschwerde des früheren
Telekom-Chefs Ron Sommer gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH)
vom September 2003 statt.
Die Verfassungsgerichts-Entscheidung "verbietet die heute weit
verbreitete Fotomanipulation", resümierte der Prozessbevollmächtigte
Sommers, der Hamburger Anwalt Matthias Prinz.
Der BGH hatte die Veröffentlichung eines manipulierten Fotos Sommers in
einer satirischen Fotomontage erlaubt und eine Unterlassungsklage gegen
die Verlagsgruppe Handelsblatt abgewiesen. Sommer verlangt, dass eine
im Jahr 2000 in der Zeitschrift "Wirtschaftswoche" erschienene
Fotomontage nicht mehr abgedruckt wird. Sie zeigt ihn sitzend auf einem
bröckelnden, magentafarbenen großen "T" in Form des
Telekom-Firmenemblems. Dabei war das manipulierte Foto vom Kopf Sommers
auf den Körper eines Models montiert.
Sommers Gesichtszüge wurden - für den Betrachter nicht erkennbar -
nachteilig verändert. Der Kopf wurde um etwa fünf Prozent "gestreckt".
Sommers Gesicht wirke nach Angaben seiner Anwälte länger, die Wangen
fleischiger und breiter, das Kinn fülliger, der Hals kürzer und dicker
und die Hautfarbe blasser als in Wirklichkeit.
Während der BGH entschieden hatte, dass Sommer diese Abbildung als eine
"in eine satirische Darstellung gekleidete Meinungsäußerung hinnehmen"
müsse, sah das Verfassungsgericht jetzt das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Ex-Telekom-Chefs verletzt. Die Sache wurde an
den BGH zurückverwiesen.
"Fotos suggerieren Authentizität, und der Betrachter geht davon aus,
dass die abgebildete Person in Wirklichkeit so aussieht", betonten die
Karlsruher Richter. Dies treffe bei einer Bildmanipulation, die das
Aussehen des Gesichts verändere, nicht zu. "Die Bildaussage wird
jedenfalls dann unzutreffend, wenn das Foto über rein
reproduktionstechnisch bedingte und für den Aussagegehalt unbedeutende
Veränderungen hinaus verändert wird", heißt es in dem Beschluss. Solche
Manipulationen berührten das Persönlichkeitsrecht, einerlei ob sie "in
guter oder verletzender Absicht" vorgenommen würden.
Prinz verwies darauf, dass Fotos heute oft bearbeitet und verändert
würden. Häufig werde dabei "der Aussagegehalt manipuliert und ein
falsches Bild vermittelt, ohne dass der Betrachter es merkt". Die
Entscheidung des Verfassungsgerichts habe grundsätzliche Bedeutung. Sie
schütze den Einzelnen vor Manipulationen und die Öffentlichkeit vor
fehlerhafter Information.
Von Norbert Demuth, ddp
von Spiegel Online