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Oettinger
Abgeschmacktes aus Süddeutschland
Öttinger? Bäh! So reagiert der auf Geschmack achtende Biertrinker auf
dieses Wort. Öttinger ist in diesem Zusammenhang eine Marke. Nämlich
für Pennerbier mit Dünnschißgarantie. Dies müsste bundesweit bekannt
sein. Wo das Bier herkommt? Aus Göttingen ohne "G"? Egal, schmeckt
scheiße.
Ein weiteres, weiterer Oettinger ist bundesweit ziemlich unbekannt. Es
handelt sich dabei um einen Politiker, genauer um einen
Ministerpräsidenten eines Bundeslandes in Süddeutschland. Günter
Oettinger(CDU), Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Muß man den
kennen?
Nee, nur wenn man bei "Wer wird Millionär?" eingeladen ist.
Was hat dieser Mann jetzt mit dem Bier zu tun?
Dünnschiss. Er hat geistige Diarrhöe von sich gegeben.
Er hat einen Amtsvorgänger als Nazigegner bezeichnet.
Dieser war Hans Filbinger(CDU), Ministerpräsident von Baden-Württemberg
in den 70er Jahren. Er mußte 1978 aufgrund seiner Vergangenheit als
Marinerichter zurücktreten. Der studierte Jurist hatte bspw. im 3.Reich
Anteil an mehreren Todesurteilen. Sogar noch unmittelbar nach dem Krieg
im Juni 1945 setzte er sich für die Vollstreckung eines Todesurteils
ein. Er begründete sein früheres Verhalten damit, "an Weisungen
gebunden" gewesen zu sein. "Was damals Recht war, kann heute nicht
Unrecht sein." Filbinger sah sich als Opfer einer Rufmordkampagne und
trat zurück.
Er war eines der Rädchen, die den Nationalsozialismus am laufen hielt.
Kein direkter Täter, aber ein Beamter des Regimes. Als Ankläger von
Deserteuren erfüllte er seine Aufgabe in Nazideutschland. Darüberhinaus
war er NSDAP-Mitglied. Solch einen Menschen als Nazigegner zu
bezeichnen, ist blanker Unsinn. Dann könnte man aus Hitler auch einen
Nazigegner machen, schließlich hat er mit seinen kruden Entscheidungen
und nicht zuletzt seinem Selbstmord den Nationalsozialismus geschwächt.
Nein, Filbinger war diesem System loyal. Er war kein glühender Nazi,
aber einer der Mitläufer, ohne die Deutschland nicht in das dunkelste
Kapitel seit dem 30jährigen Krieg gleiten und den gesamten europäischen
Kontinent verwüsten konnte.
Wer solch einen Menschen als Nazigegner bezeichnet, beleidigt echte
Widerstandskämpfer und verhöhnt die Opfer der "Gegner". Etwa so in
folgendem frei erfundenen Dialog:
Richter: "Tut mir leid, ich bin ja kein Nazi, verurteile sie aber in Namen Adolf Hitlers zum Tode!"
Angeklagter: "Da kann man nichts machen, sind ja Sachzwänge."
Wer solch ein einfaches Geschichtsverständnis zu haben scheint,
Mitläufer des Regimes am Grabe zu entnazifizieren und aus ihnen
Widerstandskämpfer zu machen, um so den rechten Flügel seiner Partei zu
streicheln, stellt sich bloß. Als Kleingeist ohne Gefühl für die
Tatsache, daß es ein Unterschied ist, erstens offen zuzugeben ein
Mitläufer gewesen zu sein, der sich hatte verführen lassen vom
einfachen Weltbild der Nazis, oder zweitens noch im nachinein zu
behaupten: "Was damals Recht war, kann heute nicht
Unrecht sein.". Solch eine Uneinsichtigkeit als Qualifikation zum
Gegner zu begreifen ist hochgradig fragwürdig.
Trotzdem nahm Oettinger seine Äußerungen nur nach massiver Kritik von
allen Seiten, sogar aus der eigenen Partei, zurück. Er bedauerte
zwischendurch nur das Mißverständnis seiner Aussagen. Wahrscheinlich erst als er darauf hingewiesen
wurde, daß daran nun wirklich nichts mißverständlich war, ruderte er
zurück.
Als Ergebnis bleibt eine Debatte um die Vergangenheitsbewältigung der 2. Nachkriegsgeneration und das verstärkte Bewusstsein:
Oettinger? Örks, Ekelhaft!
EF