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100 Tage Angelika Merkel
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und keiner hats gemerkt
Nach Ablauf der Gnadenfrist für die neue Regierung lassen sich 3 wesentliche Merkmale ihrer konstatieren.
Erstens: die Geschlossenheit der Großen Koalition, die fast in
Langeweile mündet. Bis auf ein paar kleine Provokationen war die
Arbeit des Großparteienbündnisses bisher geräuschlos
von statten gegangen. Diese Atonalität liegt hauptsächlich
daran, daß noch keine wirklichen Sachthemen angegangen wurden. So
gabs ein paar Unstimmigkeiten wegen der Dienstleistungsrichtlinie,
für die im übrigen das EU-Parlament zuständig war, und
Diskussionen über einen Mindestlohn. Des weiteren will die Union
unbedingt zur WM die Bundeswehr einsetzen und dafür das
Grundgesetz ändern. Sonst Friede, Freude,
Eierkuchen.
Zweitens: die daraus resultierende gelangweilte politische
Berichterstattung. So war die wichtigste Meldung die, daß
Kanzlerin Merkel in der hypothetischen Beliebtheitsskala an Platz
Nummer Eins rangiert. Dafür gaben alle demoskopischen Institute
Umfragen in Auftrag, deren Nachhaltigkeit wohl sehr begrenzt ist, haben
sie doch einen Wert, der den von heißer Luft deutlich
unterschreitet. Auch
Drittens: Vogelgrippe. So ist der am häufigsten interviewte
Minister bzw. Politiker, der des Bundeslandwirtschafts- und
Verbraucherministeriums, Horst Seehofer (CSU). Dieses Thema feiert,
seit auf Rügen ein paar tote Schwäne gefunden wurden, seinen
Siegeszug durch die deutschen Medien. Jedes Kind weiß, was H5N1
ist, daß jeder tote Vogel ein Virenherd sein kann, man ihn "ums
Verrecken" nicht ohne Schutzkleidung berühren soll und auf der
Kurzwahltaste die des zuständigen Veterinäramtes haben
sollte. Seit jetzt auch noch eine(!) Katze am "auch für den
Menschen gefährlichen Erreger" starb, haben Haustiere Hausarrest.
Diese ununterbrochene Berichterstattung schiebt jedes andere Thema
beiseite und macht jene zur Randnotiz.
Bisher "glänzte" die neue Bundesregierung nur durch
fortwährendes Krisenmanagenment, sei es das Theater um Susanne
Osthoff oder den anderen Entführten, deren Schicksal durch H5N1
und Olympia völlig vergessen wurde. In solch einem Klima reicht
es,
um beliebtester Politiker zu werden, den Iran zu ermahnen und sich von
allen sagen zu lassen, daß man "überraschenderweise" nicht
versagt und Deutschland im Ausland blamiert habe. Was die Regierung
jedoch konkret vorhat, bleibt diffus. Vizekanzler
Müntefehring(SPD) wirbelte sofort Staub auf, als er die "Rente mit
67" verkündete. So sieht die Arbeitsteilung in der Koalition aus:
Wirtschaftsminister Glos(CSU) redet in Talkshows wirres Zeug - die
Umfragewerte der Union steigen. Finanzminister Steinbrück(SPD)
legt Haushalt mit Horrorzahlen vor - die Umfragewerte der SPD sinken.
Und die Opposition ist nur noch formaler Natur. Der Guido müht
sich gegen die Mehrwertsteuererhöhung zu polemisieren, die
Grünen versuchen mit der sogenannten BND-Affäre sich nicht
selbst zu beschädigen und die Linkspartei hat mitz sich selbst zu
tun.
So muß man als Wähler wohl 1000 Tage warten, bis sich die
noch neue Regierung außerhalb von abwartendem Verhalten
charakterisieren lässt.
EF