Nun hat es
die Opposition wohl geschafft. Sie hat die Regierung in die Knie
gezwungen. Und wenn Schwarz-Gelb oder gar nur Schwarz an die
Macht kommt, wird alles besser. Nunja, es wird zumindest leichter etwas
durchzusetzen, längst fällige Reformen durch die beiden Parlamente,
ohne lange Untersuchungsausschüsse, zu pauken. Ob sich allerdings die
Unionen sich untereinander einigen können und ob der gelbe
Juniorpartner, sodenn er benötigt wird, nicht dazwischenfunkt,
wird sich zeigen müssen. Zuallererst müssen aber die Formalitäten für
eine Neuwahl erledigt werden. Zum Einen muß der Bundestag dem Kanzler
sein Mißtrauen aussprechen. Zum Anderen muß der Bundespräsident dann
den Bundestag auflösen.
Die Opposition sieht derweil schon wieder die Verfassung in Gefahr,
obwohl sie nach jeder gewonnenen Wahl Neuwahlen forderten. Das ist
nicht verwunderlich, kritisiert die Opposition doch alles, was die
Regierung tut und läßt, auch wenn es in ihrem Interesse ist. Das
scheint eine Art Reflexhandlung zu sein, die anscheinend schwer
abzutrainieren ist.
Auslöser
für die (wahrscheinlich) vorgezogene Wahl
Nehmen wir also an es ist der 1. Juli, der von allen favorisiert wird,
der Bundestag ist brechend voll, alle Fernsehsender, außer 9Live und
DSF, die bringen ja ihre tollen "Fersehgewinnspiele", sind live im
Plenum,
im Reichstag. Jeder weiß, was passieren wird, aber alle kucken hin,
denn
mann weiß ja nie. Vielleicht tritt der Kanzler ja doch zurück,
vielleicht putscht ihn die SPD-Linke weg, oder Stimmen aus der CDU/CSU
sprechen ihm das Vertrauen aus.
Der Kanzler wird wohl die Brandt-Methode nehmen. Bei ihm haben anno
1972 die Minister einfach nicht an der Abstimmung teilgenommen, so daß
die Vertrauensfrage negativ ausging und Neuwahlen nötig wurden, die die
SPD übrigens gewann, was zur Zeit nicht zu erwarten wäre.
Dann gibt es den ganzen Tag Dauerwiederholungen von der Verkündung des
Urtei...äh Ergebnisses durch den Bundestagspräsidenten Thierse. Dann
das Gesicht des Kanzlers und das von Frau Dr. Merkel in
Großaufnahme. Und wieder und wieder. Beaking News bei NTV:"
Kanzler verliert erwartungsgemäß Vertrauensfrage" - was für eine
Meldung! Dieter Kronzucker bei N24:" Das ist nun eine Chance für
Deuschland" Bela Anda (Regierungssprecher besser
Dementierungsbeauftragter): "Nein, das ist keine Niederlage für den
Kanzler". Franz Münterfering (Kanzlerkandidat von einigen SPD-Heinis):
" Die Merkel soll mal zeigen ob sie's besser kann!" Markus Söder
(CSU-Schwätzer):"Jeder Tag ohne Rot/Grün ist ein guter Tag für
Deutschland." USW.
Nachdem alles nochmal bei Christansen wiedergekäut wurde und
Bundespräsident Köhler den Bundestag aufgelöst hat, beginnt er nun
endlich wirklich: der Bundestagswahlkampf.
Endlich gibt es wieder Wahlplakate mit pathetischen Fotos, dämliche
Wahlwerbespots, Ausländer raus-Plakaten der Rechten und Luftballons,
Kugelschreiber der jeweiligen Partei, Pappschilder mit "Angie" oder
"Gerd" oder gar "Münte". Mit einem "Guido"- Pappschild kann man schon
wieder anecken, je nachdem ob von Männlein oder Weiblein gehalten.
Nicht zu vergessen sind noch die obligatorischen Papierschnipsel bei
den Wahlparteitagen.
Freuen wir uns also auf 3,5 Monate komprimierten Wahlkampf, auf Oskar
Lafontaine und Gregor Gysi als Spitzenkandidaten eines neuen
Linksbündnisses, auf bedeutungschwangere Christiansen-Folgen und
unendlichen Populismus.
Auf jeden Fall scheint das Sommerloch diesen Sommer anscheinend
auszufallen.
EF